Am Samstag, 15. Juni 2024 hatte die Arge Nord-Ost e.V. zusammen mit der Stadt Stuttgart zur Wanderung eingeladen
Frau Kirsten Kockelke vom Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart und Joseph Michl, Vorsitzender der ARGE Nord-Ost e.V. begrüßen die Teilnehmer zur gemeinsamen Exkursion
Als weitere Artenkenner beteiligen sich an der Führung Cornelia Bischoff, Landschaftsökologin, und Klaus Lachenmaier, Revierjäger.
Naturschutzgebiet Unteres Feuerbachtal mit Eschbachwald
Das Naturschutzgebiet „Unteres Feuerbachtal mit Hangwäldern und Umgebung“, das 1996 unter Schutz gestellt wurde, umfasst die Talsohle des Feuerbachtals, die Hänge auf beiden Seiten und zieht sich hoch auf die Ebene des Langen Feldes bis zum Weidenbrunnen.
Der auf der Nordseite gelegene Eschbachwald bestand früher – wie der Name schon sagt – in erster Linie aus Eschen. Leider wurde dieser Bestand wegen des Eschentriebsterbens stark reduziert.
Das Eschentriebsterben wird von einem Pilz verursacht, dem »Falschen Weißen Stengelbecherchen«. Der Pilz wanderte ca. 2005 hier ein und hat sich dann massiv ausgebreitet. Er ist ein „Klimawandelgewinner“, kalte Winter und gute Wasserversorgung der Bäume würden den Pilz in Grenzen halten. Leider gibt es nur wenig pilztolerante Eschen.
Der Eschbachwald ist auf Grund seiner Frühblüher sehr wertvoll. Insbesondere der besonders geschützte Blaustern bildet hier große Blüten-Teppiche. Deshalb lohnt sich ein Besuch des Eschbachwaldes im zeitigen Frühling. Wenn die Bäume noch kein Laub tragen, können die Frühblüher das Licht nutzen. Im Sommer ist das Laubdach zu dicht, weswegen aus Lichtmangel auf dem Boden nur wenige Pflanzen wachsen können.
Auch im Naturschutzgebiet wird nicht alles der Natur überlassen, sondern auch hier darf „ordnungsgemäße“ Forstwirtschaft betrieben werden. Der hier vorherrschende alte Baumbestand bietet zahlreichen Höhlenbrütern einen Lebensraum wie Buntspecht, Grauspecht, Grünspecht, Kleinspecht, Mittelspecht, Hohltaube. Auch der Rotmilan hat hier seinen Horst.
Talgrund Unteres Feuerbacher Tal
Es gibt hier im Feuerbachtal einen verdolten Kanal für das Abwasser, eine Betonrinne für das Regenwasser, in dem bei Starkregen auch belastetes Wasser fließt, und den renaturierten Feuerbach, der ausschließlich von unbelastetem Oberflächenwasser gespeist wird.
Amphibienteich am Ende des Feuerbach Tals
Der Feuerbach wurde 1990 renaturiert als Ausgleichsmaßnahme für den Bau der B14 bei Fellbach. Der Bach wurde neu angelegt und auf rd. 800 m naturnah gestaltet mit vielen Schlingen, Kurven und Bögen. Dafür musste Ackerfläche aufgegeben werden. Diese Renaturierung ist eine Erfolgsgeschichte, da sich sehr schnell am neu angelegten Teich verschiedenartige Amphibien angesiedelt haben. Das machte es dann auch notwendig, dass die Straße zur Zeit der Amphibienwanderung gesperrt wird. Der renaturierte Feuerbach ist auch ein Libellenparadies. Das Tal ist nach wie vor sehr nährstoffreich, weswegen es gemäht werden muss und das Gras abtransportiert werden muss. Leider kommt bei der Mahd häufig der insektenfeindliche Kreiselmäher zum Einsatz. Ziel ist es, hier eine offene Talaue zu erhalten, um die Artenvielfalt zu fördern. Die Flächen sollen nicht verbuschen. Viele Arten, insbesondere Insekten, brauchen Offenland. Auch hier im Naturschutzgebiet darf die Natur nicht machen was sie will.
Schlingnatterbiotop
Am Südhang entlang des „Viehwegles“ wurde ein Schlingnatterbiotop angelegt, weil dort die Haut einer Schlingnatter gefunden worden war. Hier wurde eine Trockenmauer angelegt, um Eidechsen anzulocken, da sich Schlingnattern von Eidechesen ernähren. Leider ist das Biotop sehr von der Brombeere überwuchert, eine Freilegung wäre im Winter geboten.
Landschaft und Natur von autobahnähnlichem Nordostring bedroht
Joseph Michl von der Arge Nord-Ost e.V. erklärt an Hand eines Planes den geplanten Verlauf des Nordostrings
Diese autobahnähnliche Bundesstraße soll die B10 bei Kornwestheim mit der B14 bei Waiblingen verbinden und mitten über das Lange Feld und das Schmidener Feld führen.
Das Foto zeigt auch die Inanspruchnahme der Landschaft durch Gewächshäuser und Umspannwerk. Die Arge Nord-Ost versucht, die Landschaft mit ihren überaus fruchtbaren Böden für die Landwirtschaft, die Natur, die Naherholung und als Kaltluftentstehungsgebiet zu erhalten.
Damit die Agrarlandschaft einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten kann, wurde hier ein Biotopverbundsystem, z.B. mit blühenden Ackerrandstreifen entwickelt, welches wertvolle Landschaftselemente miteinander verbinden soll.
Rast bei Biohof Sperling
Beim Biohof Sperling gab es die Möglichkeit zu einer kurzen Rast. Herr Simon Sperling stellte seinen Hof vor, auf dem Obst, Gemüse und Eier erzeugt werden. Herr Sperling vermarktet seine Produkte dienstags und samstags auf dem Wochenmarkt in der Stuttgarter Innenstadt. Es gibt auch einen Hofladen mit 24-Stunden-Automat.
Der Betrieb bildet zwei Lehrlinge aus.
„Zuffka“ war eine willkommene Begleitung
Die Exkursionsgruppe wurde von der „Zuffka“ begleitet. Das Angebot, einen Teil der Strecke gefahren zu werden, wurde dankbar angenommen.
Hohlweg Mühlhausen
Ein Höhepunkt zum Abschluss war die Wanderung durch den letzten naturbelassenen Hohlweg in Stuttgart.
Dies ist ein wichtiger Biotoptrittstein in der ansonsten sehr ausgeräumten Agrarlandschaft.
Die Arge Nord-Ost e.V. pflegt zwei Mal im Jahr den Hohlweg, damit er offen bleibt und für wärmeliebende Tierarten, wie der Mauerbiene, einen Lebensraum bietet.
Am Samstag, 27. Juli 2024, ab 9 Uhr ist wieder Biotoppflegeaktion der Arge Nord-Ost e.V.
Entstehung: Hohlwege bilden sich hauptsächlich an Lößboden-Standorten aus. Lößböden sind nach der Eiszeit durch Staubablagerungen entstanden, es sind sehr tiefgründige, steinfreie Böden. Auf häufig genutzen Wegen entstand durch den mechanischen Druck der Eisen- oder Holz-Wagenräder und durch die ständige Beanspruchung der Wegflächen durch Huftritte der Zug- und Lasttiere eine Rinne, bei der das fein zermahlene Bodenmaterial durch Oberflächenwasser bei Regenereignissen abtransportiert wurde. Die Vertiefung der Wegrinne durch Erosionsprozesse erfolgt durch lange Nutzungsdauer der Wege. Der fortwährende Bodenabtrag ist die Ursache für die Entstehung der Hohlwege, sie wurden nicht bewusst vom Menschen angelegt, sind aber vom Menschen verursacht.
Beim Freischneiden der Hohlwege geht es auch um den Erhalt eines Bestandteils der Kulturlandschaft.
Lebensraum Hohlweg: Lösswände und Hohlweg-Böschungen bieten vielen unterschiedlichen Tieren Schutz und Lebensraum. Von den größeren Tieren leben Dachse, Füchse und Kaninchen im Hohlweg Mühlhausen. Auch zahlreiche Insekten wie Bienen, Hummeln und Wespen bauen im Löss ihre Nester, die sich durch Bohrlöcher unterschiedlichster Durchmesser verraten.